Donnerstag, 4. Oktober 2012

Cochin mit Rafi



Morgens, Hannah pennt noch und ist irgendwie auch nicht wach zu bekommen, obwohl es schon 9.00 Uhr morgens ist und wir ja gestern wirklich früh im Bett waren. Die Süße schläft den Jetlag aus …

Ich genieße den Morgen und bin schon ganz nass geschwitzt. Meine Falten sind dank der extremen Luftfeuchtigkeit auch schon verschwunden und ich sehe fast wie erholt aus J. Das ist ja auch eines der guten Dinge in Asien. Immer feuchte Luft, immer pralle Haut. Maryann hat 2 erwachsene Kinder und sieht aus wie Ende 20 …

Heute Nacht habe ich dummerweise den Türgriff von unserem Badezimmer abgerissen. Keine Ahnung, wie ich das geschafft habe … Maryann hatte uns gestern Abend noch einmal darauf hingewiesen, dass wir auf jeden Fall die Badezimmertür geschlossen halten sollen, weil wir ansonsten wohl Besuch von irgendwelchen Tieren („little and big! Take care!“) bekommen würden. Wahrscheinlich deshalb … Muss ich Philip gleich mal beichten.

Heute wollen wir eine kleine Tour mit Rafi machen, wahrscheinlich hinüber ins Jüdische Viertel und vielleicht sogar noch auf eine andere kleine Insel. Mal schauen, was draus wird …

Aah, da erscheint meine entzückende Tochter … Zeit zum Frühstücken!

Abends auf dem Balkon
Welch ein wunderbarer Tag …

Nach einem äußerst ausgiebigen Frühstück mit indischem Kartoffelmasala, indischem Brot und zusätzlichem englischen Frühstück (Toast, Rühreier, Marmelade, gesalzener Butter und Früchten) hat Rafi uns wie versprochen zu unserer Rundtour abgeholt. Wir sind nach Mattancherry rübergefahren und haben etliche Tempel angeschaut, dessen Namen ich nicht mehr entsinne, da diese nicht im Reiseführer aufgeführt sind.












Beim Anschauen und Besichtigen war mir ganz klar, dass ich die Namen nicht vergesse, nach fast einem ganzen Tag Rundtour sind diese nur nach Schall und Rauch. Egal – ich erinnere mich auf jeden Fall an den Wassertempel, an den Schlangentempel, an den Kuhtempel und an den Taubentempel.










Insgesamt waren wir knapp 5 Stunden unterwegs und natürlich hat er uns auch zu irgendwelchen „Touritempeln“ (also shoppingcentern) geführt. Wir sind überall fleißig ausgestiegen, haben uns jede Menge Teppiche angeschaut („I’m not used to live with a carpet, I don’t need them“ – „You can be used to it – no problem, you can learn it. It’s not so difficult“) und hatten eine Menge Spaß. Ein sehr schlitzohriges Völkchen die Inder hier unten, das aber immer auf eine sehr lustige (und für mich auch durchschaubare und dadurch nicht unangenehme) Art. Wir haben auf jeden Fall immer viel gelacht  :)





Mit der Fähre sind wir auch noch gefahren (hatte ich für gestern eigentlich schon angedacht). Einmal rüber zur anderen Insel und dann wieder zurück. Ich hatte Rafi gesagt, dass er gerne auf uns warten kann und wir das mal eben schnell alleine machen. Er war empört! „I come with you! You are my friends! You will be safer!” Safer … wir fühlen uns hier so was von sicher, dass wir schon wieder schlafwandlerisch durch die Gegend laufen.









Rafi hatte wohl irgendwie das Gefühl, er müsste uns das Rundumsorglos-Paket liefern, also hat er auch andauernd angehalten und uns mit indischem Essen und Trinken versorgt. Eigentlich hatte ich mir ja geschworen, hier wirklich wirklich mit dem Essen aufzupassen, aber das war dann auch irgendwann vergessen. Hannah war da zum Glück etwas vorsichtiger, lag aber vielleicht auch daran, dass ihr die Sachen nicht so besonders gut schmeckten. Ich konnte mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass mir Bananen mit gebackener Ingwerhülle schmecken, aber das wusste ich ja vorher nicht.

Ebenso hatte ich keine Ahnung, dass mir Soda mit Ingwer schmecken würde – schmeckt superlecker und supererfrischend. Ich dachte allerdings, es wäre eher so Limonenbrause (rein von der Farbe her) … Und da mir all die Ingwersachen so gut geschmeckt haben, haben wir dann schlussendlich auch noch einen „Spice Market“ besucht und dort hat Rafi für mich ein großes Stück Ingwer geklaut. Sollte man definitiv nicht tun, aber er hat sich gefreut wie ein kleines Kind, als er mir das Ding in die Hand gedrückt hat. Muss ich also mit nach Hause nehmen. Bis dahin sorgt er im Rucksack für guten Geruch …

 



 
Einen Elefanten haben wir auch gesehen, allerdings stand das arme Vieh angekettet in einem Hof … war nicht so schön anzusehen. Dafür sind heute Nachmittag genau bei mir vor meinem Balkon nach und nach 4 Kühe lang getrottet. Nun ist es ja nicht so, dass ich noch nie in meinem Leben Kühe gesehen habe, aber hier ist das schon noch mal was anderes. Kuh kommt langsam angeschlendert, Autos fahren beiseite, Leute gehen beiseite, Tuk Tuks vergessen sogar zu hupen, Kuh hat Platz und stolziert die Straße lang  …


Highlight des Tages war allerdings, dass Rafi uns zu einem Strand eine halbe Stunde entfernt gefahren hat. Nur Indien pur auf den Straßen, einmal links, einmal rechts – Hannah und ich hatten keinerlei Ahnung wo wir sind. Nicht einmal richtungsmäßig …






Thomas würde jetzt einwerfen, ich kann mich ja nicht einmal in Lübeck zurechtfinden, aber das ist auch die Ausnahme. Normalerweise weiß ich immer ziemlich genau, wo ich bin und wie ich von dort wieder wegkomme. Das sind halt immer noch die Auswirkungen meiner ersten Asienreise ohne lateinische Schriftzeichen …

Aber heute Nachmittag? No way! Ich habe dann irgendwann gefragt, wohin wir eigentlich fahren würden und Rafi meinte: „I show you very nice beach! Like Goa!“

Und er hatte uns nicht zu viel versprochen – nun habe ich ja keine Ahnung, wie es in Goa aussieht (werde ich ja diese Reise voraussichtlich auch nicht mehr sehen), aber der Strand dort war schon ziemlich geil.

 




Nicht sehr groß, vielleicht 500 m lang, Kokospalmen bis an den Sand, Wellen und als I-Tüpfelchen dann noch 5 oder 6 indische Fischer, die ihren Fang reingeholt und aufgearbeitet haben. Ich habe mich nicht so recht getraut, Fotos von den Leuten zu machen, obwohl sie auch wieder äußerst freundlich und liebenswürdig waren …






Baden waren wir nicht, erst einmal zog es sich zu diesem Zeitpunkt sehr zu (hat sich aber gegen Abend gelegt) und außerdem hatten wir ja keinerlei Schwimmklamotten oder Sarongs mit. Wir hätten also mit unseren normalen Kleidern ins Wasser gehen müssen und das war es denn doch nicht wert.
Rafi war stolz wie Oscar und hat glaube ich noch 5 x gefragt: „Nice beach? Nice beach? You like the beach?“ Yes, I like!





Zurück nach Cochin hat er hier  noch mal angehalten („Make foto“), da noch mal angehalten und so gegen 16.00 Uhr waren wir dann wieder am Guesthouse.
 




Wir haben dann erst einmal nichts gemacht – außer Kühe vom Balkon gucken und irgendwelchen Leuten auf der Straße auf die Frage „First time India? You like India?“ ein „Yes, first time! I like India very much“ zu antworten. Wirklich ein sehr sehr kommunikatives Völkchen …
 
Am späten Nachmittag sind wir (dick mit Mückenzeugs eingesprüht) wieder in die Bob Marley Bar geschlendert. Diesmal an der Beach Road entlang und nicht durch die City. Ich muss schon sagen … ganz schön fette Häuser. Wie in den Slums sieht das hier wahrlich nicht aus. Es ist zwar leicht müllig, aber auf jeden Fall nicht das, was ich eigentlich erwartet hatte und manche dieser Prachtbauten könnten auch gut an der Alster stehen. Naja, relativ gesehen jedenfalls … Wir waren die einzigen Touris, die zu Fuß unterwegs waren und wurden andauernd angequatscht. „Hello, how are you? Do  you like India?“ Sagte ich schon, dass der Inder an sich recht kommunikativ ist?












In der Bob Marley Bar wurden wir mit Handschlag begrüßt („Hello my friend, how are you?“ – Jeder Asiate kennt diesen Satz – in Thailand allerdings sagen sie immer „Hello my fliend …), bekamen einen Ventilator neben uns gestellt und wieder mal Diet Coke in der Büchse. Bier gibt’s hier kaum oder überhaupt Alkohol, wenn wird es in Teetassen ausgeschenkt. Aber in der Bar gab’s halt auch auf diskreter Nachfrage von mir kein Bier, er wollte mir lieber einen „special cocktail“ mixen, den ich allerdings dankend abgelehnt habe.





Danach war dann Shoppen angesagt, insbesondere bei Hannah. Für 3 Pumphosen und einen Rock (in den ich hoffentlich nach Indien auch hereinpasse) habe ich 1000 Rupien bezahlt (um und bei 15,00 Euro), was dem Freund unseres Barbesitzers (ihm gehört der Shop gleich nebenan) wahrscheinlich Freudentränen in die Augen getrieben hat. Ich habe ihn zwar um ein Drittel runtergehandelt, aber er hat wahrscheinlich immer noch ein gutes Geschäft gemacht … Noch besser für ihn war allerdings wohl, dass nach uns noch andere Touris in den „Laden“ (also unter die Zeltplane) kamen und ebenfalls was kaufen wollten. Wir waren sozusagen die Trendsetter :) 

Und ja, es gibt sie, die anderen Touris. Heute Abend haben wir etliche, bestimmt so um die 20 Stück, gesehen!
Und noch etwas haben wir gesehen – einen Filmdreh! Ich war ganz aufgeregt, weil ich dachte, jetzt bekommen wir noch ein Angebot in einem Bollywood-Film als Statisten aufzutreten, aber das war nichts. Wir haben nicht sehr lange zugeschaut, 5 Typen mussten tanzen und singen, 20 Typen rannten mit Kamera und Musiklautsprechern um die 5 Leute rum und ein Typ musste durch die Gegend springen und so tun, als hätte er irgendetwas Tolles geschafft oder erreicht. Das alles vor Sonnenuntergangskulisse im Hafen von Cochin.
 




Gegessen haben wir heute im Dhal Roti, war eine Empfehlung von Maryann. Total voll der Laden – mit genau den 20 Touris, die wir vorher schon gesehen hatten ...

Ein dicker indischer Mann hat die Bestellungen aufgenommen und an einem Holztisch seine Kohle gezählt, dünne indische junge Männer haben megascharfes Essen serviert. Hannah hatte eine „Kati roll“ mit Chicken (so eine Art Wrap) ich hatte „Chicken Thali“ – war eine Platte mit Chicken in einer höllenscharfen säumigen Soße (lecker), dazu Chili-Joghurt, Brot, Reis, Auberginencurry, Linsendhal und zur großen Freude meinerseits wieder so ein Kartoffel-Blumenkohl-Curry in der Art wie ich es gestern schon hatte. Für lecker und für gut befunden, das Chicken allerdings war ziemlich schwer zu essen, da es noch am Knochen hing. Somit musste ich ganz schön kämpfen, bis ich ein paar Stücke davon in der leckeren Soße hatte …




Zurück haben wir uns wieder ein Tuk Tuk genommen, netter Typ, der vor dem Laden stand, Hannah anstrahlte und meinte „I want you and you want my Tuk Tuk“. Ich wedelte schon mit meinen rausgesuchten 20 Rupienschein und meinte: „We want to go to Reds Residency. 20 Euro!“ Er wollte sich wegschmeißen und rief sofort „Big deal! Wonderful deal!“ Lange Rede kurzer Sinn – wir hatten auch mit diesem Typen auf der Rückfahrt wieder mächtig viel Spaß!
Hier angekommen wollte ich eigentlich nur ein bisschen schreiben und den Tag Revue passieren lassen, aber dann kam Melissa vorbei. Melissa ist die 16jährige Tochter von unserem Homestay und da sie uns gestern nicht gesehen hatte, weil sie eine Zahn-OP hatte, musste sie dann heute mit uns Konversation machen. Sie spricht sehr gutes Englisch, Hannah war leider etwas schüchtern, so dass ich die ganze Zeit sabbeln musste.
Im Grunde genommen unterscheidet sich ihr Leben nicht viel von Hannahs. Morgens geht sie zur Schule, nachmittags ist sie bei Facebook, dann isst sie Abendbrot und hilft ihren Eltern, dann ist sie wieder bei Facebook etc. etc. Sehr erfrischendes Mädchen, die uns dann allerdings erzählt hat, dass es sich bei Dreh heute Nachmittag nicht um einen Bollywood-Film handelte, sondern um einen Mollywood-Film. Mollywood steht für malayische Filme …
So und nun kommt Rafi auch noch wieder vorbei und will ein wenig plauschen … Schluss für heute!
Aber einen habe ich noch – es ist tatsächlich so, dass die Inder alle mit dem Kopf wackeln, wenn sie „ja“ sagen oder etwas bestätigen … fiel mir gerade bei Rafi wieder auf und ist herrlich anzuschauen!

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